Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt: Deutschland muss deutlich mehr tun!

Am 07.10.2022 hat GREVIO, der Expert*innenausschuss des Europarates, seinen ersten Evaluierungsbericht zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland veröffentlicht.

Wir danken den Expert*innen von GREVIO für die ausführliche Befassung mit dem Stand der Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland. Die Einschätzung von GREVIO, dass in Deutschland gravierende Lücken vorhanden sind, teilen wir. Hierbei ist zu betonen, dass der Bericht alle staatlichen Ebenen im föderalen Deutschland mit allen Ressorts ebenso wie alle staatlichen Institutionen und Behörden adressiert. GREVIO betont zu Recht, dass für alle Maßnahmen, Gesetze und Strategien die geschlechtsspezifische Dimension der Gewalt und ein Verständnis über die strukturelle Ungleichheit zwischen den Geschlechtern zugrunde gelegt werden muss. Unter anderem die von GREVIO benannten Empfehlungen bzw. Aufforderungen in folgenden Arbeitsfeldern sollten aus Sicht des Bundverbands der Frauenberatungsstellen und -notrufe bff und des LFSH von den staatlichen Stellen zeitnah umgesetzt werden:

  • Die stärkere Berücksichtigung von Betroffenen, die (mehrfach)diskriminierten Gruppen angehören, wie Frauen mit Behinderungen oder Fluchterfahrung (u.a. Artikel 4).
  • Das Bereitstellen angemessener finanzieller Ressourcen für alle Strategien und Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische Gewalt, inklusive der Unterstützungseinrichtungen (Artikel 8).
  • Die von GREVIO angemahnte Einführung einer staatlichen Koordinierungsstelle mit der Aufgabe, alle Maßnahmen und Umsetzungsschritte zu koordinieren (Artikel 10).
  • Die systematische und obligatorische Schulung von Fachkräften aller Professionen, die mit Betroffenen oder Tätern geschlechtsspezifischer Gewalt zu tun haben, wobei insbesondere im Bereich der Justiz das Entlarven von Geschlechterstereotypen beinhaltet sein sollte (Artikel 15) sowie das Bewusstsein für die Dynamik von Gewalt in Beziehungen und die Gefahr von Tötungen geschärft werden muss (Artikel 46).
  • Der Ausbau der Unterstützung durch spezialisierte Fachberatungsstellen (Artikel 22) und Frauenhäuser (Artikel 23).
  • Die Verbesserung der medizinischen (Akut)Versorgung und Spurensicherung nach sexualisierter Gewalt (Artikel 25).
  • Die Gewährleistung, dass Verfahren und Entscheidungen in Fragen des Sorge- und Umgangsrechtes die Sicherheit von Frauen nicht gefährden (Artikel 31).
  • Die Verkürzung der Dauer von Strafverfahren (Artikel 49 und 50).
  • Verfahren der systematischen und geschlechtersensiblen Risikobewertung flächendeckend zu gewährleisten (Artikel 51).

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