Teuer sind die Folgen von Gewalt – Psychosoziale Prozessbegleitung erhalten!
Kiel, den 01.11.2024 | Psychosoziale Prozessbegleitung ist ein Gelingensfaktor von Strafverfahren. Nun will die Landesregierung die Förderung des Angebots bei häuslicher Gewalt und Stalking ersatzlos streichen. Zahlreiche Verbände protestieren dagegen.
Vor Gericht gegen den Täter auszusagen, wird von vielen Betroffenen häuslicher Gewalt als psychisch destabilisierend bis re-traumatisierend erlebt. Sie müssen sich während der Vernehmungen das Tatgeschehen in allen Einzelheiten ins Gedächtnis rufen und in der Hauptverhandlung dem Angeklagten gegenübertreten. Die lange Dauer von Verfahren erhöht die Belastungen, die allein oft kaum zu bewältigen sind.
Hier setzt die psychosoziale Prozessbegleitung an: Die Begleitung durch spezialisierte Fachkräfte stabilisiert und stärkt die Betroffenen, mindert Ängste und begleitet durch das gesamt Verfahren. Durch diese Unterstützung sehen sich viele Betroffene erst in der Lage, eine Aussage zu machen – ein entscheidender Faktor für den Ausgang des Verfahrens. Denn ohne eine belastbare Zeug*innenaussage können Täter häuslicher Gewalt nicht zur Verantwortung gezogen werden.
Die Landesregierung Schleswig-Holsteins plant nun die ersatzlose Streichung der Förderung von 95.000 Euro für die Begleitung Betroffener von häuslicher Gewalt und Stalking, für Angehörige Betroffener schwerer Straftaten und in Härtefällen.
Zusammen mit vielen anderen Verbänden fordert der Landesverband Frauenberatung Schleswig-Holstein (LFSH) die Politik auf, die Fortführung der Psychosozialen Prozessbegleitung zu sichern. „Das Vorhaben widerspricht allen Bemühungen des Landes zur Umsetzung der Istanbul-Konvention,“ sagt Lena Mußlick vom LFSH. „Gerade hat Schleswig-Holstein das Hochrisiko-Management eingeführt. Jetzt soll ausgerechnet die Maßnahme gestrichen werden, die es oft erst möglich macht, Täter in die Verantwortung zu nehmen.“
„Das Kürzungsvorhaben würde nicht nur bestimmte Delikte betreffen, sondern die Existenz der Prozessbegleitung als Ganzes gefährden. Denn die Arbeit nach hohen Qualitätsstandards ist ohne die Mittel nicht leistbar,“ ergänzt Andrea Langmaack, Psychosoziale Prozessbegleiterin vom Frauennotruf Kiel.
Das Kürzungsvorhaben wird mit der Notwendigkeit von Einsparungen begründet. Was die Landesregierung dabei vergisst: Teuer sind vor allem die Folgen von Gewalt. Eine Stärkung von Betroffenen im Strafverfahren wäre die eigentliche Sparmaßnahme für die Zukunft. Ohne gelingende Strafverfahren werden wir es nicht schaffen, Gewalt maßgeblich zu reduzieren.